Aurelius Augustinus

Die Welt ist ein Buch. Wer nicht reist, sieht nur eine Seite davon.
~Aurelius Augustinus~

Mittwoch, 31. Mai 2017

Kathi & Jonas on the Road

Nach dem Abschied vom Team im Poco a Poco Hostel starteten Jonas und ich unsere Reise mit dem Hilux. Zum ersten Mal seit langem reiste ich ziemlich komfortabel. Wir waren nicht im vollgestopften Chickenbus oder stickigen Minivan unterwegs, sondern fuhren einen Pickup mit genügend Platz und Klimaanlage. Astreiner Luxus. Einen richtigen Plan für die Reise hatten wir allerdings nicht, wir kannten nur unser erstes gemeinsames Ziel. Es sollte auf die Isla de Ometepe gehen, für mich zum zweiten Mal. Das störte mich jedoch gar nicht, denn ich hatte noch lange nicht alles dort gesehen.
 

Mit dem Riesenauto auf die Fähre


Um auf die Insel zu gelangen mussten wir zuerst nach San Jorge fahren und dort wieder die Fähre nehmen. Dabei handelte es sich natürlich um die Gleiche, mit der ich bei meinem Besuch übergesetzt hatte. Wir kauften unsere Tickets, zusätzlich auch eines für das Auto. Danach sollten wir auf die Fähre fahren, rückwärts und millimetergenau zwischen die anderen Fahrzeuge. Ein Mitarbeiter versuchte uns einzuweisen, aber er und Jonas schienen sich nicht ganz zu verstehen, so dass das Auto nachher einfach mittendrin stand. Dies war aber kein Problem, da die Fähre nicht voll wurde. Rund anderthalb Stunden dauerte es wieder bis wir die Insel erreichten.





Am Hafen in Moyogalpa angekommen machten wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft. Dieses Mal hatte ich etwas auf der anderen Seite der Insel in der Nähe vom Vulkan Maderas gebucht. Wir fuhren quer über die Insel auf Seiten des Concepción und genossen die Aussicht auf diesen. Die Insel gefiel mir beim zweiten Besuch etwas besser als zuvor. Wir hatten dank Mietwagen mehr Zeit und Freiheit alle Ecken zu entdecken. Zwischendrin nahmen wir den einen oder anderen Einheimischen per Anhalter mit. Beim Pickup ist dies einfach. Sie hüpfen hinten auf die Ladefläche und klopfen auf das Dach, sobald sie rausgelassen werden wollen. Wir haben gern gesagt, dass wir so Karmapunkte sammeln. Unsere Unterkunft war mega schön direkt am See gelegen und das Fenster unseres Zimmers bot direkte Sicht auf eben diesen. Abends konnten wir vor der Tür sitzen und den Sonnenuntergang anschauen. 






Das erste Abenteuer wartet bereits


Für den nächsten Tag schmiedeten wir gleich Pläne, wir wollten die Insel mit dem Auto erkunden. Der erste Stopp sollte der Wasserfall San Ramon sein. Wir wussten, dass es wahrscheinlich nicht viel Wasser geben wird, es war schliesslich Trockenzeit. Trotzdem machten wir uns auf den Weg, zahlten den Eintritt am Eingang zur Auffahrt und fuhren hoch. Der nette Herr an der Kasse meinte, mit dem Auto könnten wir gut zur Hälfte hochfahren und müssten danach nicht mehr so lange laufen. 

Irgendwie hat er uns aber den Zustand der Strasse verschwiegen. Die Auffahrt war dann doch schon etwas grenzwertig, auch mit dem Hilux. Zwischendrin ist Jonas mal ausgestiegen und hat den einen oder anderen Stein zur Seite geräumt. Als wir dann die Wanderer überholten, die mühsam den kompletten Aufstieg zu Fuss machten, fühlten wir uns schon etwas komisch. Kurz darauf sahen wir aber den Endpunkt und parkten das Auto. Grad hier entdeckten wir ein paar Affen, die sich in den Baumkronen von Ast zu Ast schwangen. Ziemlich cool und auch etwas unerwartet, immerhin waren wir gerade erst angekommen.





Anschliessend wanderten auch wir gut eine halbe Stunde bis wir den Wasserfall erreichten. Es hatte wirklich nicht viel Wasser, dafür war der Wasserfall ziemlich hoch. Das hat uns dann doch beeindruckt. Und da wir bei unserem Aufstieg schon etwas ins Schwitzen geraten waren, liessen wir es uns nicht nehmen, uns im kühlen Nass etwas zu erfrischen. Wir stapften ins Wasser und auf den Wasserstrahl zu. Es fühlte sich an wie eine riesige kalte Dusche, war aber super. Danach machten wir uns wieder an den Abstieg. Wir hatten einer älteren Dame versprochen, dass wir sie mit dem Auto ein Stück mitnehmen würden. Sie quatschte uns auf der Fahrt dann noch ziemlich die Ohren voll. War aber herzig.



Am Ojo de Agua stürzen wir uns wieder ins Wasser


Nachdem wir die Dame abgesetzt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Ojo de Agua. Dies ist ein natürliches Schwimmbecken, das von einer unterirdischen Quelle gespeist wird. Es ist rund zwei Meter tief und 40 Meter lang. Es gibt hier ein nettes Restaurant, Liegestühle zum Relaxen und ein paar Souvenirstände. Wir schwammen eine Runde und machten ein paar lustige Unterwasserfotos. Danach schwangen wir uns an einem Seil ins Wasser, um zum Schluss einfach nur noch im Liegestuhl zu hängen und Pläne zu schmieden. 






Am nächsten Tag wollten wir die Insel bereits wieder verlassen. Es gefiel uns zwar sehr gut, aber wir hatten mehrheitlich gesehen, was Ometepe zu bieten hat. Wir entschlossen uns, nach Maderas bei San Juan del Sur zu gehen. Auch dort war ich bereits, hatte aber in San Juan del Sur selbst übernachtet. Wir wollten nicht direkt in der Stadt übernachten, sondern lieber etwas näher am Strand sein. Deshalb haben wir direkt in Maderas eine Unterkunft gebucht. Da wir ziemlich spät aufbrachen, blieb uns nichts anderes übrig als die letzte Fähre zu nehmen. Es war zwar nicht weit von San Jorge nach Maderas, allerdings war es schon dunkel als wir im Hotel ankamen.
 

Angenehme Strandtage mit etwas Surfen zwischendrin


Die Unterkunft in Maderas liegt ziemlich nahe an einem der bekanntesten Surfstrände der Gegend. Hier gibt es vor allem viele Anfänger im Wasser. Jonas und ich holten uns jeder ein Surfbrett und stürzten uns in die Wellen. Zwischendrin genossen wir den Strand, gingen spazieren und gönnten uns ein Bierchen. Wobei ich hier anmerken muss, dass wir in einer der Bars an diesem Strand wohl das teuerste Bier in ganz Nicaragua getrunken haben. Aber so läuft das halt, wenn man ohne zu Fragen oder einen Blick in die Karte zu werfen, etwas bestellt. Ich weiss noch genau, wie sehr ich mich geärgert habe.
 

Meine EC-Karte hat es nach León geschafft


Während wir also unsere Zeit am Strand genossen, kam meine EC-Karte endlich im Poco a Poco Hostel an. Wout gab mir per Whatapp Bescheid und wir überlegten, was wir machen sollten. Eigentlich wollten wir weiter nach Costa Rica und waren der Grenze schon so nah. Trotzdem entschlossen wir uns nach León zu fahren und die Karte zu holen. Es kostete uns schlussendlich einen ganzen Tag, aber ich bin sehr froh, dass wir es gemacht haben. Und natürlich auch dankbar, dass Jonas sich darauf eingelassen hat. 

Nach einem halben Tag Autofahrt von Maderas nach León, kamen wir endlich in unserem Hotel in León an. Im Hostel wollten wir nicht so gerne übernachten, ausserdem waren sie wie so oft schon Tage im Voraus ausgebucht. Es gab da aber ein Hotel in León, auf das Jonas schon länger ein Auge geworfen hatte. Ich muss zugeben, dass es wahrscheinlich die schönste Unterkunft auf meiner Reise sein wird. Die Eigentümer sind aus Frankreich und haben uns bei Ankunft persönlich begrüsst. Wir unterhielten uns nett und kurz drauf verkündeten sie uns, dass sie uns gratis upgraden würden. WHAT?! Wir bekamen also ein besseres Zimmer als wir eigentlich gebucht hatten. Gratis. Super Sache!

Am frühen Abend machten wir uns auf den Weg zum Hostel, um meine Karte abzuholen. Ich konnte es nicht glauben, als ich sie endlich in den Händen hielt. Mehr als einen Monat hatte ich gewartet und musste ich ohne EC-Karte zurechtkommen. Zum Glück hat es mit dem Versand schlussendlich gut funktioniert. Wir gingen nach einem kurzen Plausch mit Sophie noch zu Abendessen und danach zurück ins Hotel. Wir wollten am nächsten Morgen früh los, um es früh genug nach Monteverde in Costa Rica zu schaffen. Es warteten rund acht Stunden Fahrt, ein Grenzübergang und ein Mietwagenwechsel auf uns.
 

Auf dem Weg nach Costa Rica


Die Autofahrt bis zur Grenze verlief ziemlich unspektakulär. Wir fuhren die ganze Strecke, die wir am Tag zuvor gemacht hatten, wieder zurück und danach noch das Stück weiter bis zur Grenze. Dort mussten wir erst einmal den Hilux abgeben. Ich glaube, das war ein sehr schwieriger Moment für Jonas. Aber es lief alles sehr schnell und ehe wir uns versahen, wurden wir am Grenzübergang abgesetzt. Wir verliessen Nicaragua, natürlich nachdem wir die Ausreisegebühr gezahlt und den Stempel bekommen hatten, und liefen zu Fuss zur Autovermietung. Irgendwie komisch, dass sich diese zwischen den beiden Ländern, sozusagen im Niemandsland befindet, aber zu Costa Rica gehört. 




Wir haben sicherlich mehr als eine Stunde dort verbracht bis wir endlich wieder einen fahrbaren Untersatz hatten. Erst gab es Diskussionen wegen dem Preis für den neuen Wagen. In Nicaragua hatten sie Jonas zugesagt, dass er die ursprüngliche Rate behalten könnte, hier sagten sie das ginge nicht. Als Jonas dann einen Teil der Kosten begleichen wollte, nahm das Kartenlesegerät seine Karte nicht an bzw. es konnten nur Teilbeträge belastet werden. Da die Autovermietung einen grossen Betrag auf der Karte blockiert hatte, war zudem das Limit fast erschöpft. Den blockierten Betrag sofort freizugeben, funktionierte aber nicht so schnell und sie konnten diesen Betrag auch nicht für eine Zahlung nutzen. Ein Chaos. Schlussendlich war alles aber geritzt und wir sassen im Wagen Richtung Costa Rica.
 

Was für ein schlauer Schachzug vom mir


Am Grenzübergang mussten wir erst einmal ziemlich Schlange stehen. Es waren kurz vor uns zwei grosse Reisebusse angerollt und alle Leute standen an, um einen Einreisestempel zu erhalten. Costa Rica ist ziemlich streng bei der Einreise, jeder muss ein Ausreiseticket vorzeigen. Genau genommen hatte ich kein solches Ticket. Ich hatte lediglich eines ab Panama-Stadt und wusste nicht, ob das zählen würde. Allerdings hatte Jonas gerade ein paar Tage zuvor seinen Flug von San Jose nach Amsterdam gebucht. Er hatte ein Ticket. 

Wir gingen zusammen an den Schalter, ich zuerst, und als der Beamte mich nach dem Ausreiseticket fragte, sagte ich zu Jonas, er hätte doch das Ticket. Jonas überlegt nicht lange und zog sein Handy hervor, um die Bestätigungsmail zu zeigen. Die Mail wurde zwar nicht vollständig geladen, aber in der Betreffzeile war eindeutig SJO-AMS zu lesen. Für wen der Flug gebucht war, schien nicht zu interessieren. Der Beamte stempelte beide Pässe und wir gingen raus. Wir waren soeben in Costa Rica eingereist. Im Auto freuten wir uns noch riesig darüber, wie gut es doch geklappt hatte. Jonas hatte gar nicht mitbekommen, dass der Beamte mich nach dem Ausreiseticket gefragt hat, deshalb konnte es auch so unauffällig reagieren. Tolle Teamarbeit.

Die Fahrt nach Santa Elena, dem Ort, wo sich unsere Unterkunft in Monteverde befand, dauerte noch gut drei bis vier Stunden. Die Hälfte der Strecke legten wir sicher in Dunkelheit zurück und machten nur eine kurze Pause, um bei Subway schnell etwas zu essen. Ab einem bestimmten Punkt war die asphaltierte Strasse zu Ende und wir fuhren eine ziemliche Schotterpiste entlang bis zu dem kleinen Dorf Santa Elena. Als wir am Hostel ankamen, wartete die nette Dame von der Rezeption bereits auf uns. Wir waren die letzten Gäste und sie wollte Feierabend machen. Sie checkte uns ein und zeigte uns das Zimmer. Wir waren sehr froh, dass wir endlich dort waren und endlich schlafen konnten.
 

Der Nationalpark Monteverde


Unseren ersten Tag wollten wir im Nationalpark Monteverde verbringen. Die Nebelwaldregion Monteverde liegt auf einer Höhe zwischen 1'400 und 1'700 Metern und ist rund 10'500 Hektar gross. Dieses biologische Reservat bietet eine enorme Artenvielfalt und einzigartige Vegetation. Auf mehreren gut ausgebauten Wanderwegen kann man den Park auf eigene Faust entdecken. Nachdem man den doch saftigen Eintrittspreis von 20 Dollar pro Person gezahlt hat, erhält man eine einfache Wanderkarte. Wir schauten uns die Karte kurz an und überlegten uns einen kleinen Rundgang. Rund drei Stunden verbrachten wir dort. Leider bekamen wir nicht ganz so viele Tiere zu sehen, wir hörten aber jede Menge Vögel und besuchten viele tolle Aussichtspunkte sowie eine Hängebrücke.








Eigentlich wollten wir nur zwei Nächte in Santa Elena verbringen und danach weiter an die Küste und rüber nach Panama. Allerdings haben wir uns dann entschieden noch eine Nacht anzuhängen und das Extremo Ziplining zu machen. Es klang sehr abenteuerlich und wir dachten uns, wir müssten das mitnehmen. Vor allem, weil das Preis-Leistungsverhältnis zu stimmen schien. Wir buchten die Tour für den nächsten Tag und verbrachten den Rest des Abends damit, unsere weitere Reise zu planen. Ostern rückte nämlich näher und das ist bekanntermassen Hochsaison. Es dauerte eine ganze Weile bis unser Plan stand und wir auch die passenden Unterkünfte gebucht hatten.
 

Wir machen dann mal den Superman - Ziplining Extrem!


Wir wussten nicht ganz, was uns erwartete als wir am nächsten Morgen für das Ziplining abgeholt wurden. Im Internet hatte ich viele gute Bewertungen gelesen und wir freuten uns schon sehr darauf. Ein Minibus brachte uns zum Besucherzentrum, wo wir unsere Ausrüstung und die kurze Einweisung erhielten. Ich hatte dies 2015 schon mal gemacht und wusste mehr oder weniger, was kommen würde. Es wurde aber natürlich besser als das. 

Insgesamt gab es 14 Seile, zwei davon über einen Kilometer lang. Dazu kam Abseilen, eine Tanzan-Swing und ein Superman. Einige der Seile konnte man auch zu zweit abfahren.
Es war unglaublich cool. Insbesondere die langen Seile, die quer über das grosse Tal gespannt waren, sind sehr aufregend gewesen. In hohem Tempo fliegt man über die grünen Baumwipfel und kann dabei die tolle Aussicht geniessen. Die Tarzan-Swing war etwas ganz besonderes. Man springt von einer Plattform, hat kurz einen freien Fall bis das Seil greift und man über den Abhang zwischen den Bäumen schwingt. Wirklich cool. Nach gut drei Stunden war das Abenteuer vorbei und wir kehrten nach Santa Elena zurück.
 

Achtung, der Skorpion sticht zu


Das war wohl ein Erlebnis, auf das Jonas hätte verzichten können. Und ich auch. Wir machten uns am letzten Tag bereit, um an die Küste nach Puerto Viejo zu fahren. Ich war im Bad und Jonas holte etwas aus seinem Kulturbeutel im Zimmer. Plötzlich schrie er nur noch und kam ins Bad gerannt, um seinen Finger unter dem Wasser zu kühlen. Irgendetwas hatte ihn im Kulturbeutel in den Finger gestochen, sicher ein Skorpion, behauptete er. Ich konnte das nicht so ganz glauben, wie sollte ein Skorpion in seinen Kulturbeutel gekommen sein. 

Wir entschieden uns dazu, den Beutel genauer unter die Lupe zu nehmen, trauten uns aber beide nicht so recht, reinzufassen. Wir kippten somit den gesamten Inhalt auf dem Boden aus und suchten nach etwas, was Jonas gestochen haben könnte. Als Erstes fielen mir dabei die Zahnstocher auf, die überall verteilt lagen. Als ich meinte, es wäre eventuell ein Zahnstocher gewesen, wurde Jonas fast wütend. Es hatte sich sicher nicht einfach nur wie ein Zahnstocher angefühlt. Was anderes, das in Frage kam, war auf dem Boden aber nicht zu sehen. 

Wir schauten also nochmals in den Kulturbeutel. Jonas hob eine Ecke an, um reinblicken zu können. Und was sass dort in der gegenüberliegenden Ecke? Genau, ein grauschwarzer Skorpion von rund fünf Zentimeter Länge. Wir konnten uns nur mit offenen Mündern anstarren. Was sollten wir jetzt tun? War der Skorpion vielleicht hochgiftig? Wir versuchten nicht in Panik zu verfallen und konsultierten erst einmal Google. Dort hiess es auf mehreren Seiten, dass dies schon einmal passieren könnte. Weder in Costa Rica noch in Nicaragua gab es tödliche Skorpione. 

Puh, erste Entwarnung. Zur Sicherheit ging Jonas noch nach unten und fragte an der Rezeption. Dort wurde ihm bestätigt, dass alles gut werden würde. Keine Gefahr. Als er dann mit einem Becher Kaffee ins Zimmer zurückkam, schien er sich wieder beruhigt zu haben. Er machte noch ein paar Fotos vom Skorpion, der sich die ganze Zeit über nicht bewegte, und zertrat ihn dann im Kulturbeutel. Diesen wollte er sowie nicht mehr haben. Der blieb auch samt totem Skorpion im Hostel in Santa Elena. Jonas Finger war noch eine Weile taub, wurde aber mit jedem Kilometer, den wir anschliessend Richtung Karibikküste zurücklegten, immer besser.
 

Die Karibik lässt grüssen


Je näher wir unserem Ziel Puerto Viejo kamen, desto karibischer wurde der Flair. Man sah es sogar den Leuten an, dass dies ein anderes Gebiet war. Wir passierten Bananenplantagen und kleine Dörfer, wo dunkelhäutige Männer mit Rastafrisuren die Strasse entlang hingen. Gegen späten Nachmittag kamen wir endlich in unserer Unterkunft an. Wir hatten ein kleines Apartment mit eigener Küche für einen guten Preis gefunden. Vieles war schon ausgebucht gewesen als wir uns daran gemacht hatten, einen Plan zu schmieden. Den ersten Abend nutzten wir dazu noch etwas durch das Dorf zu spazieren und ein paar Lebensmittel einzukaufen. Da wir eine eigene Küche hatten, konnten wir unsere Mahlzeiten selbst kochen.
 

Der wunderschöne Cahuita Nationalpark


Der zweitälteste Nationalpark Costa Ricas bietet eine tolle Mischung aus karibischem Sandstrand und tropischem Regenwald. Wir fuhren mit dem Mietwagen hin, zahlten eine geringe Gebühr für den Parkplatz und hatten sonst keine Kosten, denn es wird kein Eintritt verlangt. Wir spazierten am weissen Strand entlang, der voller Einheimischer und Touristen war. Unterwegs entdeckten wir tatsächlich ein Faultier im Baum, ziemlich cool. Wir waren durch ein paar andere Touristen darauf aufmerksam geworden und konnten gerade noch sehen, wie es immer höher kletterte. Es gibt viele Tiere im Cahuita Nationalpark. Dazu gehören eben Faultiere, aber auch Schlangen, Affen und Leguane. 

Irgendwann fanden wir ein gemütliches und abgeschiedenes Plätzchen, wo wir eine Weile unser Lager aufschlugen. Wir gingen eine Runde schwimmen, denn das Wasser dort ist angenehm warm und das Wetter war perfekt. Bald kam jedoch ein Parkmitarbeiter, der uns darauf hinwies, dass der Park bald schliessen würde und wir langsam zum Ausgang zurückkehren sollten. Da wir den gesamten Weg bislang nur am Strand entlang gegangen waren, entschlossen wir uns dazu diesmal den Wanderweg durch den Busch zu nehmen. Der ganze Nationalpark verfügt über viele Wanderwege, auf denen man das ganze Gelände durchqueren kann. So entdeckten wir auf dem Rückweg noch ein paar mehr Tiere.








Unseren letzten Tag in Puerto Viejo und damit in Costa Rica verbrachten wir an einem weiteren Strand. Nachdem wir den Mietwagen abgegeben hatten, spazierten wir los auf der Suche nach Sonne und Meer. An der Playa Cocles wurden wir dann fündig, zusammen mit hunderten von anderen Touristen und Einheimischen. Der Strand war pumpevoll und es hatte kaum Platz im Schatten. Wir suchten uns eine Palme, die noch nicht belegt war und machten es uns dort gemütlich. Viele der Einheimischen waren mit ihren Familien aus den Städten ans Meer gekommen, um die Semana Santa - für uns Ostern - dort zu verbringen. Die Leute assen und tranken, sonnten sich und spielten in den Wellen.

Wir taten es ihnen gleich. Die Atmosphäre war entspannt, hier und da schlief ein Opi im Schatten und die Kinder waren kaum aus dem Wasser zu bekommen. Als es später wurde, machten wir uns auf den Weg zurück ins Dorf. Es waren ganze Menschenmassen unterwegs. Wir entschlossen uns ganz in der Nähe zu Abend zu essen. Was schlussendlich die beste Entscheidung war, denn als wir gerade mitten am Essen waren, fing es plötzlich an wie blöd zu schütten. Es regnete ohne Ende und wir waren schon darauf eingestellt, nass ins Hotel zurückzukehren. In einer kurzen Regenpause schafften wir es dann aber so gerade noch trocken zurück.




Und hier kommt Panama


Für den frühen Morgen hatten wir einen Shuttle von Puerto Viejo nach Bocas del Toro gebucht. Pünktlich wurden wir von einem Minivan abgeholt, der uns innerhalb kürzester Zeit an die Grenze zu Panama brachte. Hier mussten wir erst einmal eine sogenannte Ausreisegebühr zahlen. Sie verlangten acht Dollar, quittiert wurden aber nur sieben. So läuft das eben, der eine Dollar ist einfach verschwunden. 

Sobald die Gebühr bezahlt war, stellten wir uns an, um den Ausreisestempel zu erhalten. Das war das reinste Chaos. Zwei Schalter und sie wickelten Ein- und Ausreise gleichzeitig ab, es gab nur eine Schlange. Da muss man genau darauf achten, welchen Stempel man erhält, ansonsten kann es zu Problemen bei der Einreise nach Panama führen. Wir hatten Glück, unser Shuttle war eines der ersten gewesen, so war die Schlange nicht allzu lang. Wir mussten aber trotzdem eine ganze Weile warten bis wir endlich die Grenze überqueren konnten, da einige in unserer Gruppe etwas langsamer waren und nicht ganz kapierten, was sie zu tun hatten. 

Die Grenze überquerten wir schliesslich geschieht zu Fuss. Man nimmt all sein Gepäck und geht über die Brücke über den Fluss nach Panama. Auf der anderen Seite angekommen, muss man sich erst einmal seinen Weg zum Einreisebüro bahnen. Hier kann es schnell passieren, dass man ohne einen Stempel einfach von dannen zieht. Auch an diesem Schalter mussten wir eine Weile anstehen. Viele der Leute hatten den Arm voller Unterlagen, wir hielten nur unsere Pässe in den Händen. Panama verlangt wie Costa Rica einen Ausreisenachweis. Diesmal wurden wir aber nicht danach gefragt. Wir zeigten unsere Pässe, gaben unsere Fingerabdrücke ab (Überraschung!) und erhielten unsere Stempel. Anschliessend ging es ab in den Van und weiter Richtung Bocas del Toro.






Inselparadies vor der Küste von Panama


Das Archipel Bocas del Toro liegt im Nordwesten von Panama und besteht aus sechs grösseren und zahlreichen kleinen Inseln. Unser Shuttle setzte uns in Almirante auf dem Festland aus. Dort am Hafen nahmen wir eines der knatternden Boots zur Hauptinsel. Hier hatten wir unsere Unterkunft gebucht. Es regnete ziemlich als der Bootskapitän in rasantem Tempo auf das offene Meer hinausfuhr. Rund eine halbe Stunde später waren wir auf der Isla Colon in Bocas angekommen und machten uns zu Fuss auf den Weg zu unserer Unterkunft. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen. 

Die Unterkunft, die wir gebucht hatten, gehörte eher zu den teureren vor Ort. Leider war bei unserer Buchung aber nicht mehr viel verfügbar gewesen. Die bereits erwähnte Semana Santa sorgte dafür, dass ziemlich viel los war auf den Inseln. Allerdings erwies sich unsere Unterkunft als totaler Glücksgriff. Wir hatten ein Zimmer mit Bad und einer grossen Terrasse für uns und da niemand die anderen beiden Zimmer bewohnte, nutzten wir auch die Gemeinschaftsküche alleine. Unsere Gastgeberin Felicitas hiess uns herzlich willkommen. Sie hatte sogar Bier für uns besorgt, da es den Rest des Tages bis am Mittag des folgenden Tages nirgendwo Alkohol zu kaufen geben würde. Dies war ein Entschluss des Bürgermeisters wegen Karfreitag gewesen. Wir hatten also ein Willkommens-Sixpack im Kühlschrank. Der Aufenthalt fing schon mal grandios an.
 

Es gibt so viel zu entdecken


Das Wetter war zwar nicht so schön, aber nur im Haus rumsitzen ging natürlich nicht. Unsere Unterkunft hatte Fahrräder, die wir nutzen konnten. So entschieden wir uns quer über die Isla Colon ans nördliche Ende zu fahren und die Bocas del Drago zu besuchen. Dies war eine ganz schön lange Strecke und es ging immer wieder bergauf und bergab. Unterwegs machten wir zwei kurze Stopps. Der erste Stopp war am sogenannten Plastic Bottle Village. Hier hat der Kanadier Robert ein einzigartiges Projekt ins Leben gerufen. Aus Plastikflaschen werden hier Häuser gebaut. Die Wände bestehen dabei aus Drahtgerüsten, die mit Plastikflaschen aufgefüllt werden. Anschliessend wird das komplette Drahtgerüst mit Beton eingegossen. Die Isolation ist hierbei besser als bei herkömmlicher Bauweise, ausserdem werden Kosten gespart.





Der nächste Stopp war an einer Höhle, die eher wie eine kleine Kapelle aussah. Bewohnt wird diese Höhle von einer Menge Fledermäuse. Es fliesst ein kleiner Bach aus der Höhle hinaus und wir folgten ihm ein Stück hinein. Wir sind allerdings beide nicht die Mutigsten und sobald die erste Fledermaus an unseren Köpfen vorbeiflog und wir die riesigen Spinnen überall auf den Steinen entdecken, hielt uns nichts länger in dieser Höhle. Wahrscheinlich war alles halb so wild, aber wir hatten uns schon so hochgeschaukelt, dass uns nichts mehr in die Höhle zurückbrachte. Wir gruselten uns einfach nur noch, konnten später aber drüber lachen. 





Ziemlich müde und verschwitzt kamen wir an der Bocas del Drago an, ein einfacher Strand, an dem nicht viel los war, da das Wetter eher mässig war. Es war bereits vier Uhr am Nachmittag und wir mussten entscheiden, ob wir die ganze Strecke wieder mit dem Fahrrad zurückfahren wollten. Wollten wir nicht, echt nicht. Glücklicherweise fand sich ziemlich schnell ein Taxifahrer, der uns und unsere Fahrräder zurück in den Ort transportieren würde. Während wir auf die Abfahrt warteten, beobachteten wir noch ein Riesenschiff mit dem Logo von Chiquita, das sich wohl gerade auf den Weg nach Europa machte. Die anschliessende Fahrt nach Bocas ging schnell vorüber, unsere Fahrräder waren hinten auf der Ladefläche des Taxis festgeschnallt und wir plauderten mit dem Fahrer. Ein toller Tag, wenn auch anstrengend und mit mässigem Wetter ging zu Ende.
 

Die berühmte Isla Zapatilla


Wir hatten uns entschieden einen Ausflug auf die Isla Zapatilla zu buchen. Die Insel bietet angeblich alles, was man von einer Karibikinsel erwartet. Unsere Gastgeberin Felicitas hatte uns einen Veranstalter empfohlen, der eine gute Tour anbietet. Diese war inklusive sogenanntem Deep-Boarding. Dabei wird ein gebogenes Brett an einem Seil am Boot befestigt, man hält sich am Seil fest und wird durch das Wasser gezogen. Lenkt man das Brett während der Fahrt nach unten, taucht man unter. So kann man die Unterwasserwelt betrachten ohne gross etwas dafür tun zu müssen. 

Wir trafen morgens pünktlich am Büro des Veranstalters ein, nachdem wir durch heftigen Regen hin gelaufen waren. Das Wetter sah wirklich nicht gut aus, wir waren etwas enttäuscht. So wie es aber aussah, würde die Tour stattfinden. Wir erhielten einen Plastiksack für unsere Sachen und konnten kurz darauf das Ausflugsboot besteigen. Unser Kapitän legte ab und wir fuhren los zu unserem ersten Stopp. Hierbei handelte es sich um eine ziemlich lange Fahrt und der Regen peitschte nur so auf uns ein. Wir konnten nicht anders als die Situation mit Humor zu nehmen. Was soll's? Unser Kapitän war auf jeden Fall ein ganz Lustiger. Irgendwann war der Regen so stark, dass er kaum schauen konnte. So zog er sich kurzerhand eine Taucherbrille über und lenkte so das Boot. Ich muss an dieser Stelle wohl kaum erwähnen, dass wir nach wenigen Minuten völlig durchnässt waren. Die Männer der Gruppe betrauerten bereits ihre Zigaretten.





Bevor wir endlich die Isla Zapatilla erreichten, machten wir noch einen Halt an einer kleinen Insel, in dessen Bäumen wir ein paar Faultiere erspähten. Einen weiteren Stopp legten wir zum Schnorcheln ein. Dort gab es viele Korallen zu sehen, allerdings war es nicht ganz so spektakulär. Was aber toll war: im Wasser war es wärmer als auf dem Boot. Anschliessend ging es zur Isla Zapatilla und diese gefiel uns trotz bewölkten Himmel sehr gut. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen und einem doch noch schönen Aufenthalt stand nichts im Weg. Wir assen mit der Gruppe zu Mittag, danach machten wir uns vom Acker, um die Insel etwas zu erkunden.






Wir fanden ein schönes Plätzchen, wo wir es uns kurz gemütlich machten. Wir schwammen eine Runde und genossen das Wasser, bis wir plötzlich einen dumpfen Knall gefolgt von einem Platschen hörten. Vor uns war soeben eine äusserst reife Kokosnuss von der Palme und ins Meer gefallen. Wie cool war das denn? Ich wollte diese Kokosnuss unbedingt knacken. Ich lief hin und holte sie mir. Gemeinsam versuchten Jonas und ich daraufhin die hartnäckige faserige Schale herunterzubekommen. Wir schlugen sie auf einen Baumstamm und bearbeiteten sie mit einem Stein. Nach und nach bekamen wir die innere Nuss frei. Eine schweisstreibende Angelegenheit. 

Irgendwann verlor Jonas die Geduld und schleuderte die ganze Kokosnuss gegen einen Baum, so dass sie zersprang. Dabei ging leider das ganze Kokoswasser verloren. Im Inneren befand sich eine herrlich dicke Schicht Kokos, frisch und natürlich, gewachsen auf dieser abgelegenen Insel. Und sie war lecker, wir konnten nicht genug davon essen. Bevor wir die Insel verliessen, stand noch eine Runde Deep-Boarding auf dem Programm. Eigentlich eine ganz lustige Aktivität. Der Bootskapitän zog uns über das vorgelagerte Riff und wir kamen so nochmals in den Genuss, viele bunte Korallen zu bestaunen während wir über das Riff flogen. Abgesehen davon, dass ich mein Bikinihöschen fast verloren hätte, hat es zudem eine Menge Spass gemacht. 








Zum Abschluss geht's zur Playa Bluff


Am letzten Tag schnappten wir uns wieder die Fahrräder und fuhren diesmal nicht quer durch die Insel, sondern direkt an der Küste entlang zur Playa Bluff. Hier kamen wir an vielen Stränden vorbei, die alle recht einsam dalagen. Es gibt auf dem Weg auch einige Surfspot, allerdings ist April nicht gerade gut geeignet für das Surfen in Bocas del Toro. Die Wellen waren sehr klein und ich habe nur an einer Stelle ein paar kleine Jungs surfen sehen. Für die hat es so gerade gereicht. 

Nach rund einer Dreiviertelstunde erreichten wir unser Ziel. Die Playa Bluff bietet sieben Kilometer goldenen Sandstrand und riesige Wellen. Der Strand ist bekannt für die Schildkröten, die hier ans Ufer kommen und ihre Eier legen. Es hatte kaum Menschen dort als wir ankamen. Wir hatten ein paar Snacks mitgebracht und stärkten uns nach der langen Fahrradtour erst einmal. Anschliessend sprangen wir noch etwas ins Meer. Allerdings bin ich nicht ganz so weit ins Wasser gegangen, da die Strömung dort ziemlich heftig ist.







Time to Say Goodbye


Jonas Zeit in Zentralamerika auf Reisen neigte sich leider dem Ende zu. Er musste wieder zurück nach Utrecht und sich wieder auf sein Unternehmen konzentrieren. Von Bocas del Toro hatte er sich ein Ticket nach San Jose in Costa Rica organisiert, da von dort sein Rückflug ging. Die Fahrt ging fast den ganzen Tag und der Abflug sollte schon am nächsten Tag sein. An unserem letzten gemeinsamen Abend sind wir noch lecker auswärts essen gegangen. Wir hatten die Tage davor immer selbst gekocht, so gönnten wir uns mal einen feinen Burger bei Captain Caribe. 

Es war wirklich toll, eine Weile mit jemandem zusammen zu reisen. Auch wenn dies bedeutete, dass ich mich anpassen musste. Man muss sich absprechen und gemeinsam entscheiden, wohin man will und was man unternehmen möchte. Das darf nicht unterschätzt werden, vor allem, wenn man bisher selbständig gereist war, so wie ich. Ich würde es aber auf jeden Fall wieder so machen.


Dienstag, 16. Mai 2017

Work & Travel Nica-Style

Zurück in León schien bereits alles soweit, dass ich meine Stelle als Freiwillige im Poco a Poco Hostel antreten konnte. Sie hatten mir ein Bett reserviert und schon geplant, wann und wie ich die ersten Tage arbeiten würde. Leider musste ich mich kurz vorher noch um etwas ziemlich Unschönes kümmern. Und zwar war meine EC-Karte geskimmt worden. Heisst, jemand hat meine Kartendaten ausspioniert als ich zuletzt in San Juan del Sur Geld abgehoben habe.
 

Manipulierte Geldautomaten in San Juan del Sur


Ich dachte, der Automat wäre sicher. Schliesslich befindet sich dieser im Bereich eines Hotels und wird von einem Sicherheitsmann bewacht. Jetzt muss ich leider sagen, dass dieser die Manipulation des Geldautomaten nicht mitbekommen hat oder selbst mit drin hängt. Beides ist sehr gut möglich. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass ich in diesem Fall auch gar nicht den Automaten überprüft habe. Ziemlich ärgerlich. Obwohl mir einige gesagt haben, dass es schwierig zu erkennen sei, ob der Automat manipuliert sei. 

Auf jeden Fall ist es bei mir so, dass jedes Mal, wenn ich Geld abhebe, ich eine Email über den abgehobenen Betrag erhalte. So auch dieses Mal. Nur dass eine halbe Stunde später eine weitere Mail mit einem anderen Betrag eintraf. Ich loggte mich im E-Banking ein um dies zu Überprüfen und sah dort ebenfalls die Abhebung, die sicher nicht von mir stammte. Ausserdem bemerkte ich, dass meine EC-Karte als gesperrt vermerkt war. Toll! Wenn die Karte einmal gesperrt ist, kann sie nicht wieder aktiviert werden. Es muss ein Neue her. Panik kam auf. Ich hatte noch über vier Monate Reise vor mir. Ich brauchte doch eine EC-Karte.

Natürlich kommt mir grad eine Lösung in den Sinn. Anja erhält meine Post in der Schweiz und kann mir die EC-Karte nach Nicaragua weiterleiten. Ich würde die nächsten vier Wochen sowieso im Hostel in León sein und hatte damit eine Adresse für einen längeren Zeitraum. Sophie meint noch, dass es wirklich rund einen Monat dauern könnte bis die Post aus Europa bei uns ankommen würde. Tja, und was soll ich sagen. Es ging tatsächlich über vier Wochen und als die Karte endlich ankam war ich bereits weitergereist und musste dafür zurückkommen.
 

Es warten jede Menge neue Aufgaben


So begann ich also meine Stelle im Poco a Poco Hostel, was eine neue Erfahrung war, wenn auch nicht völlig. Hauptsächlich sollte ich an der Rezeption tätig sein, aber es gab auch andere Aufgaben, die anstanden. Zuerst wurde ich eingewiesen, alle wichtigen Aufgaben im Hostel wurden mir erklärt und ich lernte, mit welchen Systemen ich arbeiten würde, um die Buchungen zu erfassen. Alles ziemlich gut verständlich. Naja, wenn man die Tatsache ignoriert, dass der Laptop, an dem ich arbeiten sollte, auf Niederländisch eingestellt war. 

An der Rezeption einer Unterkunft habe ich bisher noch nicht gearbeitet, und jetzt sollte dies meine Hauptaufgabe werden. Buchung annehmen und verarbeiten, Gäste empfangen, einchecken und herumführen sowie einfach für alle Fragen, die dem Durchschnittsreisenden in den Sinn kommen, eine Antwort parat haben. Wo kann man gut und günstig essen? Wo ist eine Wäscherei (Post, Supermarkt, Apotheke etc.)? Was muss man hier gesehen haben? Ausserdem sollte ich Touren und Shuttles verkaufen. Schliesslich erhielt ich einen Teil der Kommission. 




Nach den ersten paar Stunden rauchte mir schon der Kopf und Sophie hatte sich wahrscheinlich den Mund fusselig geredet. Ich konnte nicht anders als mir Notizen zu machen. Es hatte nämlich noch andere Aufgaben, die je nach Tageszeit nebenher zu erledigen waren. Dazu gehört unter anderem am Abend die Lichter anknipsen oder den Garten bewässern. Eine Daueraufgabe war es den Kühlschrank mit Getränken zum Verkauf aufzufüllen. Es gab viele Kleinigkeiten, um die ich mich kümmern musste. Aber schlussendlich trugen diese dazu bei, dass die Gäste sich besonders wohl bei uns fühlten. 

Naja, dazu gehört dann auch bei brütender Hitze am Mittag den Springbrunnen mit einer Bürste abzuschruben. Was man nicht alles tut für ein kostenfreies Bett und Frühstück. Zum Glück musste ich das ganze nur einmal machen. Das hat mir aber auch gereicht. Mit Bürste und Reinigungsmittel bewaffnet stand ich im Brunnen und schrubte am Stein, um den grünen Glibber wegzubekommen. Nach einer Stunde sah ich aus als wäre ich quer durch eben diesen Glibber gekrochen. Hose, Shirt, Beine, Arme und Gesicht waren voller grüner Spritzer und ich brauchte erst einmal eine Dusche.
 

Verantwortlich für die Cocktail Night


An verschiedenen Tagen in der Woche veranstaltet das Hostel etwas für die Gäste. Donnerstags ist zum Beispiel immer Cocktail Night. Dies wurde schnell zu meiner Aufgabe. Ich mixe schliesslich gerne Drinks. Es gab immer Mojitos und Cuba Libres zu jeweils 1 Dollar. Am Nachmittag erledigt ich hierfür den Einkauf, besorgt somit Eis, Limetten und Minze, Cola und Soda, ausserdem natürlich weissen und dunklen Rum in grossen Flaschen. Sobald ich alles in die Küche des Hostels geschleppt hatte, bereitete ich meine Bar vor. In der Küche hat es einen Tresen, der sich perfekt dafür eignet. 

In der Regel war es so, dass immer mehr Gäste in den Aufenthaltsbereich kamen, je später der Abend wurde. Und ich brachte fleissig meine Drinks an den Mann (und die Frau natürlich). Dabei mixte ich die Cocktails grundsätzlich mehr nach Gefühl als nach Rezept. Aber die hohe Nachfrage nach meinen Drinks gab mir Recht. Alles bestens. Zumindest für die meisten Gäste. Ein paar Gäste beschwerten sich, dass meine Mischung zu stark war. Hier muss ich noch dazu sagen, dass es sich dabei ausschliesslich um männliche Zeitgenossen handelte. Kein Kommentar!

Der erste Abend, an dem ich die Cocktails mixte, war ein voller Erfolg. Ich hatte so viele Drinks verkauft, dass ich weder Eis noch Minze oder Soda hatte. Wout freute sich ein Loch in den Bauch und zählte gleich nach, wie viele Cocktails ich notiert hatte. Es war etwas über 50 und er kriegte sich gar nicht mehr ein. An den nächsten Donnerstagen versuchte ich jeweils den Rekord zu brechen. Meine Bestzahl war schlussendlich 77. Ich denke, dass habe ich gut gemacht. Es war irgendwie cool für ein paar Stunden die Woche eine eigene kleine Bar zu schmeissen. 





An einer dieser Cocktail Nights habe ich zum Ende hin auch Jonas kennengelernt. Er kommt aus Utrecht und kennt Sophie schon seit einigen Jahren. Er ist nach León gekommen, um zu sehen, was seine Freunde sich dort aufgebaut haben und wie es für sie läuft. Für mehrere Monate reiste er durch Zentralamerika und für ein paar Tage hat er auch im Poco a Poco übernachtet. Da hatte ich schon mehrmals mit ihm geredet. An der Cocktail Nacht, als alle schon gegangen waren, um im Salsa Club das Tanzbein zu schwingen, kam er noch zu mir an die Bar, während ich aufräumte. Erst wollte er mich überreden, mit in den Club zu kommen. Nachdem ich aber dankend ablehnte, begnügte er sich damit, mir bei meinem Feierabenddrink Gesellschaft zu leisten. Wir blieben eine Weile an der Bar, meiner Bar, und unterhielten uns ziemlich gut über alles mögliche. Zwischendrin kamen noch andere Hostelgäste oder Wout und Sophie hinzu.
 

Ich brat euch dann mal ein paar Eier


Im Poco a Poco Hostel gibt es jeden Morgen Frühstück für 1 Dollar. Das sind abwechselnd Eier mit Toast und Pfannkuchen mit Sirup. Beides superlecker und selbstgemacht. Sonst haben Sophie und Wout sich diese Aufgabe immer geteilt, sie machte die Eier und er die Pfannkuchen. Dann fragte sie mich, ob ich nicht mal Eier zum Frühstück für die Gäste machen wollte. Klar, dachte ich. Warum auch nicht. Spiegel- und Rührei krieg ich hin, Omelette kann ich lernen. Gesagt, getan. Ab diesem Tag übernahm ich die eine oder andere Frühstücksschicht. 




Ausserdem habe ich einmal die Quiz Night gemacht. Die Gäste bilden Gruppen und beantworten im Team Fragen, die wir im Vorfeld schön auf PowerPoint vorbereitet haben. Zu gewinnen gibt es eine Flasche Rum. Die Fragen sind in der Regel nicht ganz einfach, es gibt aber immer vier Antworten zu Wahl, nur eine ist dabei richtig (multiple choice). Aber das hat mir eher weniger Spass gemacht. Obwohl das auch an der damaligen Gruppe Menschen im Hostel gelegen haben kann.
 

Alter, wo ist mein Handy?


Naja, und als wäre das mit der EC-Karte nicht genug gewesen, wurde mir dann noch mein Handy geklaut. Der absolute Horror. Ich hatte es immer neben mir auf dem Bett liegen, während ich nachts friedlich in meinem Hostelbett schlief. Doch eines Morgens wachte ich auf und es war nicht mehr da. Es war einfach weg. Erst dachte ich, es wäre runtergefallen. Ich suchte alles um das Bett herum ab, aber es blieb verschwunden. Danach glaubte ich, es könnte bei Maggie im Bett gelandet sein. Sie war auch Freiwillige im Hostel und schlief unter mir im Bett. Doch als sie aufwachte und ebenfalls wie blöd nach ihrem Handy suchte, war klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Was war also passiert?

Es ist so, dass das Poco a Poco Hostel einen Nachtwächter hat, der die Nacht über auf das Hostel aufpassen soll. Damals ein älterer Mann namens Pedro. Die Tür wird abgeschlossen, die Gäste können aber trotzdem ein und aus gehen. Der Nachtwächter hat dafür ein Liste, mit den Namen aller Gäste. Reingelassen wird nach 23 Uhr nur jemand, der auf der Liste steht. Soweit die Theorie. In jener Nacht lief es leider ganz anders. 
Ich hatte meine Spätschicht beendet und ging irgendwann gegen Mitternacht ins Bett. Ich wusste, dass viele andere noch irgendwo in der Stadt unterwegs waren und spät zurückkommen würden. Ich hoffte nur, sie würden mich nicht wecken. Taten sie nicht, ich schlief tief und fest. Leider. Sonst hätte ich wohl bemerkt, wie mir jemand, der nicht ins Hostel gehört, mein Handy klaute. 

So wie Pedro es uns versucht hat am nächsten Morgen zu erklären, hat es sich wohl wie folgt abgespielt. Einer der Typen aus meinem Zimmer ist ziemlich voll zum Hostel zurückgekommen und hatte einen anderen Typen dabei. Pedro dachte, die beiden gehören zusammen und liess sie herein. Dies war aber eine falsche Annahme. Der zweite Typ gehörte nicht ins Hostel und wollte sich nur Zutritt verschaffen, um etwas mitgehen zu lassen. Der Betrunkene ging sofort ins Bett und kümmerte sich natürlich nicht darum, was der andere tat. Am frühen Morgen ist er dann mit zwei Handys und einem Portemonnaie entwischt.
 

Auf der Polizeiwache in Nicaragua


Eine ziemlich abgefuckte Geschichte, genau. Und jetzt versucht das mal auf Spanisch einem nicaraguanischem Polizisten zu erklären, der bei der Hitze in León eh kein Bock hat auch nur den kleinen Finger zu rühren. Das stand nämlich mir und Maggie bevor. Es war eine Odyssee, an dessen Ende wir einen Polizeibericht in der Hand hielten, der uns sowieso nicht weiterhalf. Erst waren wir an der falschen Polizeiwache. In León geht es nämlich nach Bezirken und es muss sich immer das Polizeibüro kümmern, in dessen Bezirk das Delikt passiert ist. Wir gingen also zum richtigen. Dort empfing uns ein fetter Typ hinter einem abgewetzten Schreibtisch in einem winzigen Raum. Wir nahmen auf den alten Plastikstühlen (genau, wie die im Garten) Platz und fingen mit unserer Geschichte an. 

Der Polizist tippte alles in Zeitlupe in den Computer und nahm unsere Personalien auf. Zwischendrin schaute er immer wieder auf sein Handy, quatschte mit irgendeinem dahergelaufenen Kerl, der mir nichts dir nichts reinplatzte, oder stand plötzlich auf und ging raus. Einfach so, mittendrin und ohne Kommentar. Es war doch echt unglaublich. Nach einer gefühlten Ewigkeiten hatte er die beiden Blätter endlich gedruckt. Dann erklärten sie uns aber, sie müssten die im Hauptministerium unterschreiben lassen. Da müsste aber einer von ihnen mit dem Motorrad hingehen und es würde rund eine Stunde dauern. Schlussendlich warteten wir sicherlich mehr als eine Stunde. Es war wirklich ein unbefriedigendes Gefühl.

Ich habe natürlich einige Bilder von der Reise verloren, die ich nie wieder zurückbekommen kann. Glücklicherweise habe ich oft auf Instagram gepostet und kann zumindest diese Bilder runterladen und speichern. Ausserdem habe ich alle Kontakte verloren. Ich musste viele meiner Leute über Facebook kontaktieren und sie nach ihren Nummern fragen. Dazu kommt, dass die Simkarte mit meiner Schweizer Nummer weg ist und ich so mein altes Whatsapp nicht mehr nutzen kann. Das läuft jetzt über eine Nummer aus Nicaragua. Es ist alles halb so wild, aber ich hätte auf diese Erfahrung auch verzichten können.
 

Auch eine Freiwillige hat freie Tage


An meinen freien Tage habe ich immer versucht etwas zu unternehmen, um nicht einfach nur immer im Hostel rumzuhängen. Das hat mehr oder weniger auch ganz gut geklappt. Ich bin für den Tag nach Las Penitas an den Strand gefahren oder habe eine Wanderung auf einen Vulkan unternommen. Danach habe ich mir überlegt, dass ich meine freien Tage besser planen könnte. Ich dachte mir, dass ich auch mal über Nacht wegfahren könnte, um richtig Abstand gewinnen zu können. Es ist nämlich nicht immer leicht gewesen, dort zu wohnen, wo man auch arbeitet. Denn obwohl man frei hat, ist man immer noch auf der Arbeit. Die Gäste stellen einem trotzdem Fragen und man hilft schnell mal aus. 

Ich wäre ja nicht ich, wenn ich nicht grad mit einem super Plan um die Ecke kommen würde. Ich klüggelte etwas aus und verhandelte mit Sophie um die freien Tage. Wenn man ständig von so vielen Leuten umgeben ist, die rumreisen, schnappt man oft etwas auf, das einen selbst interessieren könnte. So hatte ich von vielen Gästen gehört, dass sie in der Surfing Turtle Lodge waren oder dort hingehen würden. Ausserdem waren Mitarbeiter von dort für eine Nacht bei uns und ich mixte ihnen Cocktails. An einem Wochenende wollte ich also in die Surfing Turtle Lodge. Dann hatte Maggie mir von Jiqulillo und ihrer tollen Zeit dort erzählt. Also kam das auch auf die Liste.
 

Eine lange Reise zu einem abgeschiedenen Ort


Die Surfing Turtle Lodge ist nicht gerade gut erreichbar. Sie befindet sich am Strand und es führt kein Weg mit einem motorisierten Fahrzeug hin. Um dort hin zu gelangen fahre ich erst mit dem Chickenbus zum Strand von Poneloya. Dort suche ich eine bestimmte Bar auf, um nach dem Boot über den Fluss zu fragen. Ein kleiner Nicaraguaner bringt mich dann mit einem winzigen Boot die paar Meter über den Fluss. Zusammen mit den Frauen, die ebenfalls im Boot waren, steige ich aus und er fährt wieder davon. Ich frage die Frauen, ob sie mir sagen können, wie ich zur Surfing Turtle Lodge gelange. Dabei stellt sich heraus, dass sie dort arbeiten und ich mit ihnen mitgehen kann. Es sind rund 20 Minuten zu Fuss, meinte sie.

Während eine der Frauen Musik über ihr Handy laufen liess und lauthals mitsagt, gingen wir langsam den Weg durch das Getrüpp zum Hostel. Bald schon sah ich die ersten Gebäude und uns kam ein Pferdekarren mit einem Haufen Rucksäcken entgegen. Dahinter liefen die ganzen Backpacker in Richtung Fluss. Dies waren all die Leute, die abreisten. Man muss also nicht mit seinem Gepäck laufen, sondern kann es mit dem Pferdekarren vorschicken. Für mich machte dies keinen Unterschied, ich hatte sowieso nur einen kleinen Rucksack für das Wochenende dabei. 

Als ich endlich ankam, verstand ich sofort, was die Leute so cool an dem Ort finden. Er liegt mitten im Nirgendwo, direkt am Strand. Links und rechts findet sich nichts mehr als öde Wildnis. Das Hostel verfügt über ein Küche, die gutes Essen zu Frühstück, Mittag- und Abendessen serviert. Dazu gibt es eine Bar für Bier und andere Drinks. Es gibt auf dem Gelände jede Menge Hängematten und am Strand stehen vereinzelt grosse Sonnenschirme. Das Highlight an diesem Ort ist aber die Schildkrötenaufzucht. Von Einheimischen kauft die Surfing Turtle Lodge Schildkröteneier und behält sie dann geschützt in einem Gehege bis sie schlüpfen. Wenn es soweit ist, werden die kleinen Babyschildkröten in die Wildnis frei gelassen. Eine ziemlich gute Sache. Leider kam ich an einem Wochenende zwischen ein paar Schlüpfterminen. 

Den Tag verbrachte ich in der Sonne, las mein Buch oder schwamm mit ein paar anderen Hostelbewohnern im Meer. Sie sagten nur, man sollte vorsichtig sein, wenn man ins Wasser geht. Manchmal hat es Rochen am Boden, die zustechen können, wenn sie sich bedroht fühlen. Also immer schon über den Meeresboden schlurfen, damit sie frühzeitig gewarnt sind. Während ich also dort am Strand meine Zeit weg vom Hostel genoss, meldete sich Jonas bei mir. Er hatte am nächsten Tag vor auch an den Strand zu kommen. Da ich sowieso nur eine Nacht in der Surfing Turtle Lodge geplant hatte, machten wir ab, den Nachmittag des nächsten Tages in Las Penitas zu verbringen. Er wollte mit seinem Mietwagen von León aus hinkommen.

Am Abend wurde es noch ziemlich lustig in der Surfing Turtle Lodge. Es gibt natürlich keine Stromleitung, die zum Hostel führt und sie sind auf Sonne angewiesen, um genügend Strom zu produzieren. Leider war es die letzten paar Tage sehr bewölkt gewesen und ab um 21 Uhr hatten wir absolut keinen Strom mehr. Wir sassen im Dunkeln und alle holten ihre Taschenlampen hervor. Ich hatte zum Glück meine Stirnlampe am Start. Gut, dass ich die gekauft hatte. Wir machten ein Lagerfeuer am Strand und tranken dort noch ein paar Bier, während wir die Sterne anschauten. Wirklich ein cooler Ort, auch wenn es keinen Strom hat.






Ein Nachmittag am Strand mit Jonas


Gegen Mittag am nächsten Tag brach ich von der Surfing Turtle Lodge auf. Hätte ich gewusst, was das für eine lange Reise wird, wäre ich sicher eher los. Also, erst einmal zum Fluss laufen. Dort das Boot nehmen und wieder zur Bushaltestelle laufen. Leider stand ich dort und es kam und kam kein Bus. Ich entschied also, ein Stück zu laufen. Irgendwann tauchte neben mir plötzlich ein Typ mit einem Velotransporter auf. Er bot mir an, mich mitzunehmen. Warum nicht, dachte ich. Ich setzte mich auch die winzige Ladefläche und er radelte los. 

Bis wir in Las Penitas ankamen, dauerte es eine ganze Weile und er tat mir ziemlich leid, wie er da verschwitzt und ausser Atem auf seinem Velo sass. Aber er bestand darauf mich weiterhin mitzunehmen. So nahm ich dankend an. Ich war sowieso schon ziemlich spät dran. Jonas und ich waren schon vor einer Stunde verabredet gewesen und ich hoffte, dass er noch da war. Nachdem ich mich im Internet eingeloggt hatte, konnte ich ihm schreiben und wir fanden uns endlich. Ich glaube, dies hält er mir noch heute vor. Er dachte doch glatt, ich hätte ihn versetzt. 

Den Rest des Nachmittags verbrachten wir am Strand, wir tranken ein paar Bierchen, schwammen im Meer und quatschten über Gott und die Welt. Er erzählte mir von dem Unternehmen, das er gegründet hatte, welches ihm ziemlich viel Freiheit bietet. Er ist IT Freelancer und hat im letzten Jahr ein paar gute Kunden an Land gezogen. Da er zum Arbeiten nur seinen Laptop und Internet braucht, kann er von unterwegs aus arbeiten. Aus diesem Grund konnte er auch einfach mal für ein paar Monate verreisen. Allerdings stieg das Arbeitsvolumen stetig, so dass nicht klar war, wie lange er noch reisen konnte. Es war ein toller Tag und wir verstanden uns wirklich gut.
 

Jiquilillo und die Rancho Esperanza


Für das folgende Wochenende hatte ich extra einen Tag mehr frei bekommen, denn ich wollte nach Jiqulillo am Meer nördlich von León. Da es eine Anreise von drei bis vier Stunden war, lohnte es sich ein paar Tage mehr zu bleiben. Mir wurde die Rancho Esperanza empfohlen und ich buchte, ohne gross zu recherchieren. Was ich gehört hatte, klang super und nach einem einmaligen Ort. Jonas war in der Zwischenzeit nach Granada gereist, hatte aber Interesse mich nach Jiquilillo zu begleiten. Ich buchte für uns beide und er kam rechtzeitig aus Granada zurück. Gemeinsam fuhren wir mit dem Mietwagen zur Rancho Esperanza. 

Ich sollte hier eventuell noch erwähnen, dass es sich bei dem Mietwagen, den Jonas fuhr um einen Toyota Hilux handelte. Ein Riesenauto. Als Jonas von Costa Rica nach Nicaragua kam, hatte er ein paar Probleme an der Grenze und als er bei der Autovermietung ankam, hatten sie das für ihn reservierte Auto bereits weitervermietet. Ein anderes Auto in der von ihm gebuchten Klasse war nicht verfügbar, also waren sie gezwungen, ihm zu geben, was sie noch hatten, ohne Mehrkosten berechnen zu können. Und so kam er zu dem Toyota Geländewagen. 

Nun sassen wir also im äusserst komfortablen Toyota Hilux und fuhren Richtung Norden. Der Grossteil der Strecke geht über eine gut ausgebaute Strecke. Das hatte ich zu Beginn von Nicaragua gar nicht erwartet, aber bereits kurz nach der Einreise feststellen müssen. Nur der letzte Abschnitt direkt ins Dorf von Jiquilillo führt über eine Schotterpiste. Hier kam der Hilux voll zum Einsatz. Jonas bretterte über die Staubstrasse, vorbei an Kühen und Einheimischen auf Velos. Innerhalb kürzester Zeit hatten wir die Rancho Esperanza erreicht. 





Kleine Holzhütten mit Freiluftbadezimmern


Da ich von uns beiden die Reiseexpertin bin, hatte ich mich wie gesagt um die Buchung der Unterkunft gekümmert. Irgendwie hatte ich vor unserer Ankunft aber nicht wirklich eine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen hatte. Jonas sagte ein paar Tage vorher noch etwas über Komposttoiletten. Bitte was? Kenne ich nicht und habe ich auch nichts von gelesen. Tja, Recht hatte er. Genau das erwartete uns in der Rancho Esperanza. Dem Wochenende tat das aber keinen Abbruch. 

Nachdem wir also mit dem Hilux vorgefahren waren, wurden wir gleich von Nate, dem Besitzer, empfangen und herumgeführt. Er hat wirklich einen tollen Ort geschaffen. Über ein relativ grosses Areal sind mehrere kleine und grössere Hütten verteilt, einige davon haben eigene Bäder. Auch unsere Cabana hatte ein eigenes Bad, mit erwähnter Komposttoilette und Dusche im Freien. Ausserdem hatten wir einen kleinen Unterstand neben der Hütte, wo wir zwei bequeme Hängematten aufhängen konnten. 





In der Mitte des Geländes hat es einen grossen überdachten Gemeinschaftsbereich, wo Essen serviert wird und es jede Menge Bücher und Spiele zum Zeitvertreib gibt. Hier stehen auch die Surfbretter, die man mieten kann. Die halben, in der Mitte gebrochenen Surfbretter können gratis als Bodyboards genutzt werden. Wenn man nämlich das Gelände überquert, gelangt man ziemlich schnell an den Strand. Der eignet sich bestens für Surfen, Bodyboarding, Sonnenbaden und Lagerfeuer. Ausserdem kann man jeden Abend bei einem kühlen Bier den Sonnenuntergang anschauen, während ein paar Einheimische am Strand Fussball spielen. 

Wir hatten wirklich eine gute Zeit in Jiquilillo. Wir mieteten Surfbretter und Jonas stand mehr oder weniger seine erste Welle. Mit den Bodyboards ritten wir bei Ebbe die weissen Wellen bis vorne an den Strand. Wir gingen schwimmen, sonnten uns und suchten im feuchten Sand nach Sanddollars. Abends schauten wir den Sonnenuntergang und gingen nachher zum allabendlichen Rancho Esperanza Familienabendessen. Alle assen gemeinsam zum Abend das Gericht des Tages - wie eine Familie. Und natürlich chillten wir ganz viel in unseren Hängematten. 





Kurz danach entschieden wir nach meiner Zeit im Poco a Poco Hostel noch etwas gemeinsam zu reisen. Ich musste meinen Weg runter nach Panama-Stadt machen und Jonas war frei zu tun, was er wollte. Er hatte nur nicht unbegrenzt Zeit. Gut eine Woche nach unserem Aufenthalt in Jiquilillo sollte es losgehen. Es wurde also bald Zeit sich von der Poco a Poco Familie zu verabschieden. Ich hatte insgesamt eine gute Zeit hier und bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen konnte. Die Leute, die ich dabei kennengelernt habe, sind wunderbare Menschen. 

Und falls ihr mal in Leóń in Nicaragua seid, schaut doch im Poco a Poco Hostel vorbei, wenn auch nur für die Cocktail Nacht. Und vergesst nicht, Wout und Sophie einen ganz lieben Gruss von mir auszurichten.